hpo Konjunkturkommentar 3. Quartal 2020
Der Konsum erholt sich derzeit rasch, doch die Krise ist noch keineswegs ausgestanden
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Schwache Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern mit verheerenden Auswirkungen für die Investitionsgüter-Industrie
Im April wurden in den Industrieländern der OECD 1,43 Mio. Personenwagen und Light Trucks neu registriert. Das ist der tiefste Monatswert seit über 60 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht dies einem Rückgang von 57%. Seither hat sich der Wert bis im Juni wieder auf 2,82 Mio. fast verdoppelt. Im Jahresvergleich liegt dieser Wert dennoch 22% unter dem Vorjahresniveau.
Diese Zahlen sind von zentraler Bedeutung, denn am Automobilabsatz hängen direkt und indirekt ganze Wirtschaftszweige der Industrie.
Dieses Beispiel der Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern (Automobilen) illustriert die aktuelle Situation anschaulich:
- Während des Lockdowns ist der Konsum dramatisch eingebrochen.
- Nach dem Lockdown hat sich der Konsum wieder stark erholt, liegt aber immer noch markant unter dem Vorkrisenniveau.

Neuzulassung Personenwagen und Light Trucks OECD (Quellen: ACEA, BEA, OECD)
Wie geht es nun weiter?
Dazu folgende Überlegungen:
- In den letzten Monaten konnten sich viele Betriebe mit Kurzarbeit über Wasser halten und Entlassungen vermeiden. Da die wirtschaftliche Erholung aber auf sich warten lässt, wird es nun zunehmend zu Entlassungen kommen. Dies wird sich negativ auf den Konsum auswirken und beispielsweise die Zahl der monatlichen Neuregistrierungen von Personenfahrzeugen wird wieder sinken.
- Die tiefere Nachfrage nach Fahrzeugen und anderen dauerhaften Konsumgütern wird sich weiter negativ auf die bereits arg gebeutelte Investitionsgüter-Industrie auswirken, denn bei den Konsumgüterherstellern fallen aufgrund der Überkapazitäten nicht nur die Neuinvestitionen, sondern auch die Ersatzinvestitionen zu einem grossen Teil weg.
Wir bleiben bei unserer Einschätzung, wie wir sie vor drei Monaten in unserem letzten Konjunkturkommentar schon formulierten: Wir rechnen mit einer kurzfristigen teilweisen Erholung des Detailhandelsumsatzes. Danach wird der Konsum aber langsam wieder sinken. Dies ist von zentraler Bedeutung, da der Konsum der langfristige Taktgeber der weltweiten Realwirtschaft ist.
Die Industrie findet wesentlich langsamer aus der akuten Krise heraus als der Einzelhandel
Werden die einzelnen Konjunkturindikatoren im weltweiten Vergleich etwas genauer betrachtet, zeigt sich folgendes Bild:
Der Einzelhandelsumsatz stieg im letzten Quartal sowohl in Asien, Europa und den USA stark an, es ist derzeit eine ausgeprägte V-Form zu beobachten. In Europa befindet sich das Niveau bereits wieder über dem langfristigen Trendwachstum, aber klar unter dem Vorkrisenniveau. In Asien liegt der Wert wie bereits im ganzen 2019 unter dem langfristigen Trendwachstum, da Asien im langfristigen Zyklus schon weiter fortgeschritten ist.
Die Erholung der Industrieproduktion verläuft wesentlich zögerlicher: China ist mit seiner sehr schnellen und weitgehenden Erholung der Industrieproduktion nach dem Lockdown die Ausnahme. Japan ist das andere Extrem, denn dort ist das Niveau der Industrieproduktion immer noch äussert tief. In Europa ist die Produktion auch wieder ein ganzes Stück vom Tiefpunkt im April entfernt, in den USA hingegen verläuft die Erholung viel zögerlicher.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Industrie langsamer aus der akuten Krise herausfindet als der Detailhandel. Vor allem in vielen Unterbranchen der Investitionsgüterindustrie ist, gemessen am Auftragseingang, bisher noch keine Erholung sichtbar und wir erwarten in den kommenden Monaten eine weitere Abschwächung der Nachfrage bei den Maschinenherstellern.
Stellvertretend für verschiedene Stimmungsindikatoren betrachten wir den Geschäftsvertrauen-Index (BCI) der OECD, der sich in der Vergangenheit als guter Frühindikator für die Industrie erwies. Die Stimmung nach dem Aufheben der Lockdown-Massnahmen hat sich in den drei grossen Wirtschaftsregionen rasch wieder erholt. In den USA ist der Wert sogar leicht über 100 gestiegen, was eine expansive Phase anzeigt. In Asien und Europa verharren die Werte unter 100 und zeigen somit für die nahe Zukunft eine negative Entwicklung an.
Bei der Interpretation des BCI ist aktuell grosse Vorsicht geboten, denn aufgrund der tiefen Ausgangswerte während des Lockdowns zeigt der BCI nun mit grosser Wahrscheinlichkeit ein zu positives Bild (vgl. dazu unsere Ausführungen im Konjunkturkommentar vom Mai 2020).

Geschäftsvertrauen-Index (BCI)
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Mit weit über 200 Branchen-Prognosemodellen weltweit deckt hpo forecasting zahlreiche Segmente der Märkte für Investitionsgüter und dauerhafte Konsumgüter ab. Die Prognosen werden für Unternehmen individuell konfiguriert. Sie stützen sich auf das Peter-Meier-Prognosemodell, eine wissenschaftlich fundierte und seit über 20 Jahren empirisch erprobte Methode, die laufend weiterentwickelt wird.
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